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Film: Alles was kommt

 

Regie: Mia Hansen-Løve

Erschienen: 2016

Länge: 98 min

FSK: 0

 

Meine Kritik

 

Die Philosophielehrerin Nathalie hat zwei erwachsene Kinder, ihren Ehemann Heinz, der gleichzeitig ein Kollege ist und ihre an Depressionen leidende Mutter. Außerdem veröffentlicht sie Schulbücher in einem kleinen Verlag. Doch Frauen in den 40ern werden weggeworfen, nicht mehr gebraucht, das muss Nathalie feststellen, als ihr Mann sie für eine andere Frau verlässt und das nach 25 Jahren Ehe. Ihre Kinder sind auch schon ausgezogen, ihr Verlag kündigt sie und dann stirbt ihre Mutter. Plötzlich ist sie wieder frei, so frei wie schon lange nicht mehr. Aber diese Freiheit macht ihr auch Angst, sie weiß nicht wie sie diese nutzen soll. Dann lädt sie ein ehemaliger Schüler in sein Landhaus ein, das er mit ein paar Freunden bewohnt. Nathalie fängt an ihr Leben ein wenig neu zu strukturieren, trotzdem ist da diese Einsamkeit.

 

Und genau diese Einsamkeit einer Frau, in der Mitte ihres Lebens, wiederzugeben ist ein Wagnis und gleichzeitig bei Løve etwas Wunderschönes. Ihr gelingt dies nicht nur über die phantastischen Bilder, oder schöne Drehorte, auch ihre Hauptdarstellerin spiegelt den Twist zwischen Einsamkeit und Freiheit wunderbar wieder. Während philosophische Fragen im Raum stehen, wie zum Beispiel wann man die Wahrheit hinterfragen kann und wann diese feststeht, gibt der Film aber auch viel Platz zum Nachdenken. Musikalisch überraschend, inhaltlich nicht fesselnd, aber magisch und definitiv mehr Funken sprühend als gedacht. Während die Jugend in Frankreich gegen das erhöhte Arbeitsalter demonstriert, befindet sich bei Nathalie schon alles im Umbruch. Dass, das Leben auch mal andere Bahnen einschlägt, und ein Neuanfang auch mit 49 noch Denkbar ist, das zeigt Løve mit genau der richtigen Einstellung. Und auch wenn sie sich nicht in der Jugend ihres Lebens befindet, geht es weiter, denn da kommt noch einiges, oder alles, wie der Titel es schon deutet. Isabelle Hubbert ist dabei der wichtigste Faktor, denn sie spielt zerbrechlich, stark, zerrissen, liebevoll, laut und leise und gibt dabei dem Thema ihre eigene Note hinzu. Außerdem gibt sie durch Nathalie dem Zuschauer Mut: Altern ist nichts Schlimmes, verlassen werden noch viel weniger, ein Neuanfang vielleicht auch mal Notwendig. Das Frauen nicht immer einen Zusammenbruch erleiden, das Tränen nicht in Bächen fließen müssen, das gibt dem Film den Funken Glaubhaftigkeit den er braucht um wirklich gut zu sein. Kein bahnbrechendes Filmerlebnis, sondern vielmehr einer dieser Filme den man schaut, wo man sich wohlfühlt, wo man nachdenkt und ihn sich dann ins Regal stellt.

 

Meine Kritik: